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Die eiserne Lady (Filmkritik) |
Nach einem für mich erfolgreichen und produktiven Tag bin ich irgendwie vor dem Kino gelandet, und hab mein Portmonee gefragt, ob ich vielleicht mal wieder einen Film sehen konnte. Das Portmonee sagte nichts, da es ja ein lebloses Objekt war, aber ich hatte genügend Geld, um mir "die eiserne Lady" anzusehen, den Film über Margareth Thatcher.
Diese Historienfilme gab es zuletzt ja häufiger. Ich persönlich bin ein großer Fan von "The Queen" und "Frost/Nixon", die jeweils einen kurzen, historisch aber sehr bedeutsamen Moment aus der Geschichte Großbritanniens bzw. der USA nehmen, und ihn möglichst detailgetreu und interessant darstellen. In beiden Filmen wurden nicht groß Sachen dazu erfunden, es wurde vor allem probiert, von den jeweiligen Hauptpersonen (Queen Elizabeth II und David Frost) ein genaues Portrait zu malen, und die damaligen Geschehnisse den Zuschauern nochmal neu vorzuspielen.
In Frost/Nixon interviewt der charismatische David Frost den ehemaligen Präsidenten Richard Nixon einige Zeit nach dem Watergate-Skandal, und versucht, mehr Informationen und vielleicht sogar ein Schuldbekenntnis aus ihm heraus zu holen. Zwar kommt Nixon weiterhin ein wenig als schlechte Person herüber, aber der Film bemüht sich auch, den Stempel des "Scheusals" außen vor zu lassen, und ihn auch ein wenig als tragische Person dastehen zu lassen. In The Queen wird das Verhalten der Königsfamilie nach dem Tod von Diana beleuchtet, und sehr anschaulich präsentiert, warum sie es für richtig hielten, ihre Trauer nicht nach Außen zu zeigen. Der Film zeigt dabei auch einen jungen Premierminister Blair, und wie er gegen den Strom seiner eigenen Partei anschwimmt und alles tut, um die Königsfamilie zu retten, wobei seine Motivation dafür von seiner Frau, von der Queen, und auch von ihm selbst höchst unterschiedlich interpretiert werden.
Beide Filme beziehen sich auf einen kleinen, prägnanten Zeitraum der jeweiligen Personen, und mischen das Portrait vor allem mit der Interaktion zu einer anderen, ebenfalls skizzierten Person. Beide schieben ein wenig Dramatisierung und ein-zwei Metaphern ein, ohne diese jedoch in den Mittelpunkt des Filmes zu stellen, sondern lediglich als zusätzliche Hilfen. Und in der Erwartung eine ähnliche Erfahrung im Film über Maggie Thatcher zu erleben, setzte ich mich in den Saal und durchlebte eine halbe Stunde Filmwerbung, ehe es los ging.
Der Film beginnt mit einer alten Margareth Thatcher, wie sie einen halben Liter Milch kauft, und halb missachtet und etwas unhöflich von Jugendlichen den Weg zur Kasse abgeschnitten bekommt. Es war an sich ein guter, fast komischer Moment: Die eiserne Lady in einem kleinen Lebensmittelladen, als alte tattelige Oma. Ein gutes Sinnbild, das man Respekt vor älteren Herrschaften haben sollte. Aber es ist auch der Beginn des größten Problems des Films: Die Fixierung auf die alte Miss Thatcher, die mit Alzheimer kämpft und Halluzinationen von ihrem toten Mann hat. Ihr Leben und ihr Wirken werden als Erinnerungen gezeigt, und sind gelegentlich nur Schnipsel, die mit vielen Szenensprüngen einige bedeutende Momente im Zeitraffer erklären. So wird die Zeit im zweiten Weltkrieg nur in 2-3 Szenen gezeigt, und ihr Leben mit ihrer Familie regelrecht überflogen. Der Eintritt in die konservative Partei, ihre ersten Kandidaturen, die Wahl zur Vorsitzenden: Alles nur angedeutet.
Wenn der Film mal für einige Minuten an einem Punkt in der Vergangenheit verweilt, zeigt er aber seine Klasse. Madame Thatcher wird als erzkonservative Frau gezeigt, die streng ihren Prinzipien vertraut, und klar glaubt, mit diesen das Beste für ihr Land zu tun. Man sieht, weshalb sie auch heute noch kritisch beäugt wirkt, merkt aber auch, weshalb sie über 10 Jahre im Amt blieb. Ihre Berater drängen auf sie ein, Kompromisse einzugehen, um die Mengen zu beruhigen. Ihre Antwort: "Die Medizin ist stark, aber der Patient muss sie vertragen können." Sie bleibt sich treu vertritt konsequent das, woran sie glaubt, egal, was die anderen sagen. Dies ist sowohl im positiven, als auch im negativen Sinne gemeint. Es zeichnet sie nicht in einem sympatischen Licht. Aber es erklärt, warum sie so ist, und weshalb sie, aller Kritik zum Trotze, eine bewundernswerte Frau bleibt.
Doch leider sind diese Momente oft von einem Springen zur alten Thatcher unterbrochen. Diese Thatcher, die sich Jahre nach dem Tod ihres Mannes endlich dazu durchringen lies, seine Sachen wegzugeben, dies jedoch halbherzig vor sich hin schiebt, und stattdessen ständig Halluzinationen von ihrem Mann hat, mit dem sie über aktuelle Dinge redet, ihr eigenes Leben kommentiert, und mit dem sie über die Personen um sie herum meckert, die sie nicht alleine heraus gehen lassen wollen, sie zum Arzt überreden oder ihr Arbeit abnehmen wollen. Zeitweise will sie die Halluzinationen ignorieren, aber landet doch immer wieder bei ihnen.
Der Film findet sein Finale in der Absetzung von Thatcher, und die Gedanken daran scheinen ihren Konflikt in der jetzigen Zeit zu lösen, indem sie die Sachen ihres Mannes endlich in Tüten packt, und sich dann von der Halluzination verabschiedet. Das heißt, erst tut sie das, aber dann fleht sie sie an, doch zu bleiben. Dieses Ende hat der Film meiner Meinung nach wirklich nicht verdient. Nicht nur, das die Parallele ihre politischen Wirkens und ihres privaten Problemes, nicht los lassen zu können, eine irgendwie unpassende Verbindung war, ihr letztliches Flehen, das die Halluzination nicht weggeht, kollidiert stark mit ihrer bisherigen Charakterisierung, und reißt die Parallele im Nachhinein komplett weg.
Letztlich verließ ich mit gemischten Gefühlen den Kinosaal. Ich hab das Gefühl, viel über Margareth Thatcher gelernt zu haben, und bin jetzt drauf und dran, die Bücher und Internetseiten nach mehr Infos zu durchforsten. Aber es waren fast ausschließlich die Szenen aus der Vergangenheit, die den Film sehenswert machten. Der Rahmen, die alte Maggie Thatcher, war keine per se schlechte Idee, war aber schwach umgesetzt und hat viel zu oft den Fluss des Filmes unterbrochen. Meiner Kurzbeschreibung der obrigen Filme folgend, währe es vielleicht klüger gewesen, sich auf einen prägnanten Ausschnitt ihrer Amtszeit zu konzentrieren, was in Thatchers Fall der Bombenanschlag aufs Grand Hotel, oder noch besser, der Falklandkrieg gewesen sein könnte. Es wäre sicherlich schwer gewesen, ein so komplexes Leben in wenigen Wochen darzustellen, aber andererseits wäre viel mehr Zeit vorhanden gewesen, sie besser zu skizzieren. Die Interaktion mit einer anderen, historischen Person wäre in Thatchers Fall vielleicht nicht so wichtig gewesen, ist jedoch in Ansätzen in ihrem Ehemann vorhanden. In der Vergangenheit wird deren Leben jedoch nur in Stücken erzählt, in der Jetztzeit drängt es sich widerrum zu sehr auf.
Fazit: Der Film hat einiges an Potential verspielt und die großen Lobpreisungen in meinen Augen nicht verdient. Da die Szenen aus der Vergangenheit, über den Aufstieg und (sehr plötzlich behandelten) Fall der eisernen Lady, jedoch außerordentlich gut sind, ist der Fall trotzdem sehenswert. Allerdings reicht er nicht an Meisterwerke wie "The Queen", und auch nicht an "Frost/Nixon" heran
Westerwelle landet mal einen Treffer...aua! »